Rückblick 5. ZfTM-Workshop

Am 5. Mai 2004 fand im Gerhard-Mercator-Haus der Universität Duisburg-Essen der 5. Workshop des ZfTM e.V. zum Thema „UMTS und WLAN – Freundliche Koexistenz oder feindliche Konkurrenz auf breitbandigen (Mobil-)Funkzugangsmärkten?“ statt. Anlaß der Veranstaltung war, daß fast vier Jahre nach der Versteigerung von Mobilfunklizenzen der dritten Generation (3G) in der Öffentlichkeit Vermarktungsperspektiven zum Aufbruch in ein neues Mobilfunkzeitalter immer noch kontrovers diskutiert werden. Daher sollten mit der ZfTM-Veranstaltung vor allem die betriebswirtschaftlichen Perspektiven von 3G beleuchtet werden – insbesondere vor dem Hintergrund von sich parallel immer mehr an sogenannten „Hotspots“ ausbreitenden öffentlichen Wireless Local Area Networks (WLAN). Konkret betrachtet wurden am 5. Mai 2004 Aspekte der Gestaltung von Diensteangeboten zur nachhaltige(re)n Differenzierung breitbandiger(er) (Mobil-) Funkzugangsnetze, erfolgversprechende kommerzielle Migrationspfade von GSM- zu UMTS-Diensten, Wege zur weitergehenden Erschließung von Geschäfts- und Privatkundenmarktsegmenten für WLAN-Anbieter sowie Prognosen zu zukünftigen Konsolidierungsbewegungen unter den UMTS-Netzbetreibern und WLAN-Anbietern.

Auf der Zuhörerseite war mit ca. 45 Workshop-Teilnehmern aus der Wirtschaft sowie namhaften Vertretern aus Forschung und Lehre und darüber hinaus noch einigen ausgewählten interessierten Duisburger Studenten eine Rekordbeteiligung zu verzeichnen. Das Workshop-Organisationsteam sah sich im Veranstaltungsvorfeld sogar dazu veranlaßt, die Begrenzung der Teilnehmerzahl abzuschwächen, um dem großen Teilnehmerandrang gerecht zu werden.

Mit seinem gewohnt informationshaltigen Auftaktvortrag „Breitbandige (Mobil-) Funkzugänge im Überblick“ eröffnete der Gastgeber und Vorsitzende des ZfTM e.V., Prof. Dr. Torsten J. Gerpott, den Veranstaltungstag. In einem ersten Vortragsteil stellte Prof. Gerpott die Evolution öffentlicher Mobilfunkstandards hin zum breitbandigen paketvermittelnden 3G-Standard in Deutschland sowie eine Systematisierung von darauf aufsetzenden mobilen Datendiensten vor. In einem zweiten Schritt erläuterte der wissenschaftliche Leiter des ZfTM relevante Standards und analysierte aktuelle Marktdaten sowie Einsatzmöglichkeiten von WLAN-Dienstleistungen in Deutschland. Dabei zeigte er anhand von möglichen WLAN-Diensteprofilen konkrete Koexistenz- bzw. Konkurrenzbeziehungen von WLAN-Angeboten zu 3G-Diensten auf.

Im Anschluß an den Auftaktvortrag konnte der Förderkreis ZfTM e.V. bereits zum dritten Mal einen Vertreter der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post (RegTP) als Gastsprecher begrüßen. Dr. Rüdiger Hahn, Abteilungsleiter Rechtsfragen der Regulierung, Telekommunikation, Lizenzen, Frequenzordnung der RegTP, eröffnete mit seinem Vortrag über „Regulierungsaspekte von UMTS und WLAN“ die Runde der ZfTM-Gastreferenten. Eingangs erläuterte Dr. Hahn die WLAN-Evolutionsstufen von „Schnurlos-“ bzw. Inhouse-Anwendungen der ersten Generation bis zu öffentlichen WLAN-Angeboten an Hotspots. In Abgrenzung zu den regulatorischen Rahmenbedingungen des 2,4 GHz-Bereichs ging Dr. Hahn dann auf die „Allgemeinzuteilung von Frequenzen im 5 GHz-Bereich für WLAN-Funkanwendungen“ ein, die im Reg-TP-Amtsblatt Nr. 22/2002 (zuletzt aktualisiert am 17.12.2003) dokumentiert ist und auch die sogenannten High Performance Radio Local Area Networks (HIPERLAN)-Funkanwendungen umfaßt. In einer „marktlichen Betrachtung“ vertrat Dr. Hahn anschließend die Position, daß UMTS und WLAN aufgrund ihrer technischen Profildivergenzen unterschiedlichen sachlichen Märkten zuzuordnen sind. Während er sich zur weiteren konkreten Marktentwicklung nicht festlegen wollte, schilderte Dr. Hahn einige Szenarios zu möglichen Entwicklungen von WLAN und UMTS in den kommenden Jahren.

Anschließend ging Dr. Wolfgang Sixl, Vice President Group Strategy der T-Mobile International AG & Co. KG, auf „Erfolgsfaktoren im mobilen Multimedia Markt“ ein. Grundsätzlich hat nach Meinung des Referenten bei der Mobilkommunikation die Betonung von Technologieaspekten zugunsten einer kundenfreundlichen Komplexitätsreduktion und eines allgegenwärtigen hohen Qualitätsniveaus zu unterbleiben. Als wichtige Treiber der Akzeptanz von neuen Mobilfunkdiensten nannte er (1) leistungsfähige, multimediafähige und netz-/herstellerübergreifend kompatible Handsets, (2) übersichtliche, für den Kunden nachvollziehbare Bepreisung von Diensten und (3) einen umfassenden (End-to-End-)Kundenservice. Abschließend erläuterte Dr. Sixl die Eckpunkte des T-Mobile-Konzepts eines „Seamless networks“ (tm3), mittels dessen diese Mobilkommunikationsvision zugangsnetzübergreifend realisiert werden soll.

Im Anschluß präsentierte Thorsten Dirks, Geschäftsführer Innovation, Product Development, IT and Operations der E-Plus Mobilfunk GmbH & Co. KG, die „Positionierung eines Mobilfunknetzbetreibers im UMTS- und WLAN-Markt am Beispiel von E-Plus“. Dabei stellte Dirks heraus, daß die Mobilkommunikationsanwendungen in Kombination mit dem Endgerät aus Kundensicht erfolgskritisch sind. Aus Sicht von E-Plus ist zudem eine Strategie der Entkopplung von Access und Dienst vielversprechend. Abschließend arbeitete Dirks anhand verschiedener Idealkundenprofile bestimmte Applikationsbedürfnisse und mögliche Dienste heraus.

Im letzten Referat vor der Mittagspause befaßte sich Dr. Ulrich Wellens, Senior Director Strategic Technologies der Vodafone D2 GmbH mit dem Thema „Flächen- oder Hot-Spot-Versorgung moderner Mobilfunksysteme: Kundenwünsche und Realisierung“. Abgeleitet aus der Entwicklung der GSM-Netzabdeckung in Deutschland seit 1991 stellte Dr. Wellens einleitend die Netzabdeckungserwartungen von 3G der wahrscheinlichen Coverage von WLAN-Angeboten gegenüber. Während bei 3G das Versorgungsziel langfristig in einer deutschlandweiten (Indoor- und Outdoor-)Flächenversorgung besteht, zielen öffentliche WLAN vorrangig auf eine Indoor-Versorgung vor allem von Gebäuden mit hohen Besucherzahlen ab. Gemeinsames Feld beider Ansätze ist demnach die Indoor-Versorgung von „Hotspots“. Die Konkurrenzsituation der beiden Plattformen ist hier diensteabhängig zu bewerten. Nichtsdestotrotz sind mobile Dienste für den Kunden allerdings möglichst technologieunabhängig zu gestalten. Abschließend informierte Dr. Wellens über deutschlandbezogene 3G- und WLAN-Marktdaten wie Tarifierungs-, Angebots- und Netzverkehrsinformationen und erläuterte darüber hinaus WLAN-Erfahrungen bzw. -Perspektiven in einigen anderen Staaten.

Den Nachmittag eröffnete Horst Schäfers, Geschäftsführer der ISIS Multimedia Net GmbH & Co. KG in Düsseldorf, mit einem Vortrag unter dem Titel „Bringt WLAN den Durchbruch bei der mobilen Datenkommunikation?“. Ausgehend von der These, daß der Datenverkehr zukünftig verstärkt drahtlos abgewickelt werden wird, sagte Schäfers für WLAN überaus attraktive Marktperspektiven vorrangig in städtischen Hotspots voraus. Diese positiven Aussichten resultieren im Indoor-Bereich aus technisch bedingten WLAN-Vorteilen gegenüber anderen Zugangslösungen wie z.B. die relativ geringen Infrastruktur-Gebäudetechnikanforderungen. Weiter stellte Schäfers verschiedene WLAN-Konzepte vor, wie sie ISIS Multimedia Net bislang erfolgreich im Raum Düsseldorf vermarktet hat und voraussichtlich zukünftig als Kompetenzzentrum innerhalb der Arcor-Gruppe deutschlandweit anbieten wird.

Im zweiten Nachmittagsreferat griff Dr. Karl Eigler, Managing Consultant bei der Detecon International GmbH, das Thema „Markt breitbandiger Funkzugangstechnologien – WLAN als Wegbereiter?“ auf. Einleitend analysierte Dr. Eigler anhand von vier Anwendungsszenarien zukünftige Kundenbedürfnisse bei breitbandigen Netzzugängen. Für jedes Szenario diskutierte er aus Kundensicht Anforderungen an Übertragungstechnologien wie z.B. Netzverfügbarkeit, Datenübertragungsraten oder „Zugangsprozeduren“. Diesen Anforderungen stellte er dann die Leistungsparameter von UMTS, Fixed Wireless Access und WLAN gegenüber. Hieraus leitete Dr. Eigler Schlußfolgerungen zu erfolgreichen Diensteprofilen und Endgeräten für die jeweils eingesetzten Netzzugangstechnologien ab.

Dr. Klaus Nitschke, Leiter Strategie T-Com der Deutsche Telekom AG, erläuterte „Konvergenzangebote für Geschäftskunden und Consumers am Beispiel von WLAN“. Dr. Nitschke stellte fest, daß die portable Breitbandigkeit von WLAN eine wichtige Anschlußaufwertung im Rahmen der Breitbandstrategie der T-Com ermöglicht, die letztlich zu einer reduzierten Churn-Rate und insgesamt höherer Wettbewerbsfähigkeit der T-Com-Angebote beitragen dürfte. Anschließend zeigte Dr. Nitschke konkrete Anwendungsszenarien für die Nutzersegmente Private Haushalte – hier fungiert WLAN als Basistechnologie für das „vernetzte Haus“ – und Geschäftskunden auf und ging auf die Potentiale von WLAN-Hotspot-Diensten zur gleichzeitigen Erfüllung heterogener Consumer- und Business-Anforderungen ein.

Matthias Nass, Director Technical Strategy & Business Development bei Lucent Technologies Network Systems GmbH, steuerte den – wie in früheren Veranstaltungen „traditionell“ eher techniklastigen – Abschlußvortrag „Technologieunabhängige Endkundendienste: WLAN & UMTS in Koexistenz“ zu einer insgesamt von den Zuhörern sehr positiv bewerteten Workshop-Veranstaltung bei. Ausgehend von einer Analyse der in Zukunft zu erwartenden Kommunikationsanforderungen prognostizierte Nass eine rasante Evolution der heute existierenden heterogenen Home-, Office-, sowie Reisekommunikationsumgebungen in Richtung auf integriert konvergierte Anwendungs- und multimodale Access-Dienste. Diese Dienste werden über klassische Sprach- und Access-Dienste deutlich hinausgehende Umsatzsteigerungen für Carrier ermöglichen. Im zweiten Teil seines Vortrags erläuterte Nass Netzarchitekturen, die diese Diensteevolution ermöglichen könnten.

Aufgrund der positiven Resonanz auf die mittlerweile fünfte Veranstaltung dieser Art – nicht zuletzt auch eine Konsequenz des hochkarätigen Referentenfeldes – wird der ZfTM e.V. am 18. Mai 2005 wieder einen Workshop veranstalten. Das Rahmenthema dieses Workshops wurde aufgrund der hohen Bedeutung von Innovation für alle Wettbewerber in der Telekommunikationswirtschaft als „Innovationen im TK-Dienstegeschäft“ festgelegt. Referate sind u.a. zu den Themen „Förderung oder Verhinderung von Diensteinnovationen durch Regulierung? Das Beispiel Voice over IP“, „Technische und kommerzielle Innovationen als Motor zur
(Re-)Etablierung von Powerline in Deutschland“, „Push to Talk als Diensteinnovation im Mobilfunk“ und „Konvergenz von Mobilfunk und Fernsehen am Beispiel von DVB-H“ vorgesehen.